Eine Horror-Etappe

Montag, 05. Juni 2023

Die Beiden, gehen die Via Tolosana von Arles beginnend, bis runter zur Küste. Also nicht über den Somport Pass,  den Camino del Norte, bis nach Santiago. Ich würde morgen eine Kurzetappe einlegen um mich anschließend zu regenerieren und bei der Gelegenheit meine neuen Schuhe ein zu laufen. Beim Einkauf hatte ich sie schon an. Überall war schon Nachtruhe und ich folgte dem Beispiel.

Etappe von Giscaro nach Auch (Osch), 37 km, reine Gehzeit 8 1/2 Stunden.
Wetter: 14 bis 27 Grad, kaum Bewölkung, erst am späten Nachmittag Gewitterwolken, aber außer Donner gab es nichts.

Orte: Giscaro, Gimont, Cahuzac, L'Isle-Arne, Lussan und Auch.

Das war die reinste Horroretappe. Ich wollte vor 17.00 Uhr in Osch sein, bevor die Herberge schließt, ansonsten hätte ich Jemanden herbei telefonieren müssen. Da wollte ich vermeiden. 

Das Wetter und die Strecke hat alles von mir abverlangt. Ich hatte 4 Liter Wasser mit und diese unterwegs  zweimal aufgefüllt, aber dennoch war ich überhitzt und dehydriert. Wenn nicht ein leichter Wind gegangen wäre, hätte ich es kaum geschafft aber auch so war das nicht normal.

Ich war Morgens um 6.00 Uhr hoch, ich hatte wegen dem Vogellärms fast nicht geschlafen. Warum schlafen die nicht Nachts? Ich verzichtete weitgehend auf ein Frühstück und war kurz nach 7.00 Uhr Abmarsch bereit. Zu meinen Erstaunen war Renna noch da. Sie war sich immer noch nicht schlüssig was ihre Tagesetappe sein sollte. Sie verließ aber vor mir das Haus. 

Auf den Weg nach Gimont, begegneten ich einem Spanier in Gegenrichtung, auf den Weg nach Rom. Seine Schuhe waren voller getrocknetem Schlamm. Er wollte wissen, ob noch viele Schlammstrecken kommen. Ich konnte ihn beruhigen. Mir schwarnte aber beim Anblick seiner Schuhe böses. Die Ahnung sollte sich aber als falsch erweisen. In Gimont beließ ich es beim Kauf von 2 Croissants für mein Mittagessen. Nach Gimont wurde das Gelände schwieriger, aber nichts weltbewegendes. Umso erstaunter war ich Mittags in L'Isle-Arne, das ich nach 5 Stunden erst 18 Kilometer geschafft hatte.

Ich war schon sehr ausgelaugt und die Sonne brannte unablässig herab. Ich schleppte mich unter das Vordach des örtlichen Gemeindesaales um etwas Schatten zu haben. Ich würde wohl noch einen Zahn zulegen müssen. Ab hier hatte ich eh vor den Jakobsweg zu verlassen, da ich nicht vor hatte nach Montegut zu gehen. Das hätte weiter vier Kilometer bedeutet und so schön Schloss Montegut von den Bergen herabschaut, ich konnte es sehen, die Monstersteigung wollte ich mir nicht antun. 

Ich begegnete noch eine Spanierin in Gegenrichtung und einigen Franzosen, aber ich war recht mundfaul. Außer das ich auf den Weg nach Osch bin und es sehr heiß ist, bekamen sie nichts zu hören. Ich trieb mich hart an, aber der Kopf wollte nicht mehr. Es war drückend heiß und mein Körper verlangte nach Abkühlung. Die letzten 6 km waren schlimm. Einmal hatte ich mich um ca. einen halben Kilometer verlaufen.  

Man glaubt gar nicht wie verzweifelt man in diesem Moment ist, bedeutet es doch das man länger der Tortur ausgesetzt ist. Die Landschaft tat ihr übriges dazu. Eine steile Steigung folgte auf das nächste Gefälle und so weiter.  

Aber dann lag Osch vor mir. Die Altstadt und die Kathedrale boten einen imposanten Anblick. Ich schleppte mich mit letzter Kraft in die Stadt zur angegebenen Adresse. Ich war rechtzeitig. Die Dame die dort ihrer ehrenamtlichen Aufgabe nachging wusste gar nicht was ihr geschah. Ich verlangte nach Wasser und bekam das kühle Nass becherweise. Auf der Toilette ließ ich kaltes Wasser über den Kopf und die Arme laufen. Dann ging es mir besser.  

Die Formalitäten waren schnell erledigt und ich bekam gleich einen Stempel. Das Refugio liegt in der Altstadt von Osch, ganz in der nähe der Kathedrale. Das Haus ist sehr groß, mit einem Hof, wie ein kleiner Palast. Nur nicht so ausgestattet. Für die Pilger wird die oberste Etage genutzt. Sie besteht aus drei Schlafräumen, einer kleinen Küche, Dusche und Toilette. Die Ausstattung ist wie bei den meisten öffentlichen Unterkünften spartanisch, aber zweckmäßig. Diese hier ist sogar nur auf Spendenbasis, man muss nicht zahlen.

Neben mir war ein französisches Paar Francoise und Robert. Sie sollte ich erst später kennen lernen. Während ich mich gerade etwas auf dem Bett ausruhte, wurde ein weiterer Gast hereingebracht. Das war Oliver, aus dem Nordwesten Frankreichs, wie ich später im Gespräch erfuhr, ein waschechter Sch'ti. Sie sind so was wie die Friesen Frankreichs. Auf jeden Fall ergab es sich das wir gemeinsam einkaufen gingen und gemeinsam das Abendessen zubereitet haben. Wir warfen alles zusammen. Den Schafskäse den er beitrug war wirklich lecker. Das war mal eine neue Erfahrung.  

Oliver ist auf den den Weg nach Puenta La Reina. Da ist dann für ihn Schluss. Worüber ich nicht gefallen bin, sein nächstes Etappenziel ist Marciac. Heute weiß ich das es 49 Kilometer von Osch sind!!!! Ich hoffe er hat sich nicht vertan. Wenn er das schafft ist er ein Titan. 

Wir unterhielten uns auch über das Verhältnis der Franzosen zu Paris. Das ist nicht das beste, das war mir aber nicht neu. An diesem Abend war ich sehr müde. Einen Bericht wollte und konnte ich nicht mehr schreiben. Ich unterhielt mich noch mit Robert und Francoise. Bei solchen Gelegenheiten ernte ich immer viel Erstaunen und Lob für meine Leistung.

Diesen See galt es zu überqueren

Marktplatz in Gimont

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