Ein Palacio für mich

Donnerstag, 22. Juni 2023
 

Alles in allem ein schöner Abend, als die Anderen sich zu ihren Abendessen verabschiedeten, die allermeisten waren auch im Palace, ging ich auch mein Essen machen. Danach bereitete ich mich Systematik auf den nächsten Tag vor. Wäsche von der Leine holen, alles einpacken und verstauen was geht. Wasser und Getränke kaltstellen. Bericht schreiben und ab ins Bett. Aufstehen war um 5:30 Uhr angesagt. 

Bei Villamayor war ich die spanische Familie los, die den Berg mit der Kirche dort bestieg. Dort hätte man mich nicht hinbekommen, nicht für Geld und liebe Worte, wenn es nicht auf meiner Strecke liegt. Der Gipfel war so hoch, das die Kirche in den Wolken lag. Dafür wurde ich ab und zu von einer Spanierin überholt, dann wieder sie von mir . Dann sah ich sie stundenlang nicht.  

Orte: Estella, Ayegui, Irache, Azqueta, Villamayor de Monjardin, los Arcos und Sansol. 

Etappe von Estella nach Sansol, 27 km, reine Gehzeit 6:15 Stunden.
Wetter: 14 bis 25 Grad, starke Bewölkung 

Die Erde ist hier blutrot, als wäre sie mit Wein getränkt. Zwar sind die Räder nach einiger Zeit "frei" von meisten Schlamm, aber der Wagen sieht aus, wie buchstäblich durch den Dreck gezogen.

Ich war leider erst um 7:24 Uhr los gekommen. Es waren aber noch nicht viele Pilger unterwegs. Ich hatte lange eine spanische Familie hinter mir. Während ich noch darüber nachdachte, wo ich abbiegen müsste, um den berühmten Weinbrunnen zu finden, stand ich in Irache plötzlich direkt davor. Ein wenig habe ich von dem Wein mitgenommen.

Das "schöne" Wanderwetter, hatte mich bewogen die Etappe länger zu machen, als von meiner App vorgeschlagen. Bei niedrigen Temperaturen gilt es an km zu machen. In den nächsten Tagen würde es sehr heiß werden. Mit Temperaturen jenseits der 30 Grad.

Die Wege waren im Prinzip gut. Im allgemeinen geben sich die Spanier große Mühe mit den Wegen. Da wo die Wege auch landwirtschaftlich genutzt werden ist das schwieriger. Der Regen schwemmt dann große mengen Erde von den Weinbergen und Feldern. Das heißt alle paar hundert Meter oder Kilometer den Schlammlöchern ausweichen oder mittendurch. Mit allen Konsequenzen.

Vor Arcos stand ein Foodtruck auf der Wiese in dem drei junge Amerikanerinnen arbeiteten. Ich wollte weder was essen, noch trinken, aber das Eis hatte es mir angetan. An einer der Tische saß die Frau die ich am Vortag an der langen Steigung überholt hatte. Ich hatte sie aber für eine Spanierin gehalten. Sie war aber auch Amerikanerin, mit Wohnsitz Singapur. Und jetzt kommt's. Sie war noch am Sonntag in Wilhelmsburg beim Gottesdienst. Ihr Bruder spielt bei den Hamburg Towers und sie hat Verwandte in Hamburg.

In Arcos machte ich Mittagspause. Das Bocadillo war ein Unverschämtheit. Es war wie ein pappiges Brötchen.  

Ein Niederländer empfahl uns beim Foodtruck die Herberge Palacio in Sansol. Dort habe ich ihn dann wieder getroffen. Er stand hinterm Tresen. Unterwegs lernte ich dann noch einen Engländer kennen, einen guten Geher. Ich nannte ihn nur den "Englishman", weil er so geschwollen Englisch redet, als hätte er das Dictonary verschluckt. Dabei kommt er womöglich aus Australien.

Ich mache normalerweise ungerne Fotos in Kirchen. Aber ich musste einfach mal zeigen wie überbordend hier die Altäre sind. Deckenhoch, Schnitzereien, über und über vergoldet. Ich habe mich noch nicht daran gewöhnt. Irgendwie erschlägt es mich, aber schön ist es irgendwie trotzdem.

Der Weg nach Sansol war Recht leicht, bis auf den Schlamm. Ich habe immer Angst, wenn der Wagen zu dreckig ist, in Herbergen abgewiesen zu werden.

Die Spanierin ist auch wieder da und machte Fotos von mir. Sie hörte über Kopfhörer Musik. Dann würde es merkwürdig still,  Sie schluchzte laut und fing an zu weinen. Daraufhin angesprochen, sagte sie das das Duett was sie gehört hat, Sie an ihren verstorbenen Mann erinnerte. In Sansol angekommen verabschiedete sie sich zum Mini-Market.

Das Palace ist wirklich gediegen. Vom 10 Bettzimmer bis zum Apartment gibt es wirklich alles. Die Ausstattung ist für eine Herberge ungewöhnlich, aber angemessen. Ich duschte erstmal und dann wanderten alle Wäsche in die Waschmaschine und auf die Leine. Bei dem Wetter braucht es keinen Trockner. 

Ich hatte darauf verzichtet mich für ein gemeinsames Abendessen anzumelden. Ich wollte selber kochen, wollte die Zeit für einen Einkauf und für den Besuch in der Bar nutzen. Der Mini-Market macht aber wohl nie wieder auf. Blieb also nur die Bar. 

Dort war eine lustige Runde von Pilgern versammelt. Sie luden mich gleich an ihren Tisch ein und gaben mir gut gekühlten Weißwein zu trinken. Natürlich revanchierte ich mich mit einer weiteren Flasche. Da war ein Amerikaner mit indischen Wurzeln. Mit dem richtigen Humor. Meine  Amerikanerin vom Foodtruck. Eine Deutsche, eine Australierin und eine weitere Amerikanerin und den Katalanen aus meinem Zimmer von Vortag. So oder in andere Zusammensetzung würde ich die Leute immer wieder treffen. Später kam noch Anna, die Ungarin mit einer weiteren Gruppe vorbei. Wovon mir nur eine Irin, der" Wild Rover" , ein Bulgare und eine weitere Australierin in Erinnerung geblieben sind.

Kirche in den Wolken

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