An diesem Abend ging auch ich früh schlafen. Auch wenn ich am anderen Tag viel Zeit hatte, der Bus sollte erst um 8:34 Uhr fahren.
Zum Ersten Mal habe ich verschlafen. Vibrationsalarm mit Ohrenstöpseln, wenn das Handy nicht unter dem Kopfkissen liegt, höre ich es nicht. Es war kurz vor sieben als ich so aufwachte. Die Deutsche und Oliver waren schon weg.
Orte der auf dem Weg: Oloron, Bidos, Candaus, Eysus, Lurbe-Saint-Christau, Escort und Sarrance
Etappe von Oloron-Sainte-Marie nach Sarrance, 22 km, reine Gehzeit 7 1/2 Stunden.
Wetter: 19 bis 26 Grad. Es fing sonnig an, im Gebirge wurde die Bewölkung schnell dichter. Entgegen der Vorhersagen regnete es erst am späten Abend.
Zuerst ging der Jakobsweg aber in die Stadt zur Kathedrale und dann zur Kirche Saint Croix zurück. Die ließ ich aber aus, war mir zu hoch. Ich war gestern bereits da. Am Stadtrand ging es in einen Wald. Ein Forstmitarbeiter warnte mich aber vor den Wald arbeiten und dem Matsch. Ich nahm das durchaus ernst und umgingen die Stelle großzügig. Hat mir aber nichts gebracht. Auch einen Kilometer weiter, bei Bidos war der Weg voller Schlamm. Wie die Fußspuren zeigten, war ich nicht der Einzige der darunter zu leiden hatte.
Die anderen Mitpilger ließen sich reichlich Zeit. Ich setzte alles da daran schnell fertig zu werden. Aber es war bereits nach 8.00 Uhr als es los ging. Wenigstens regnete es nicht. Aber angekündigt war es über den ganzen Tag immer wieder. Heute war der Jakobsweg vorgesehen. Kann ja nicht so schlimm werden, geht ja Richtung Berge. Ein Ende mit dem Matsch
So marschierte ich weiter und kam gut voran. Ich war nur drei Kilometer von meinem Ziel entfernt, dem Kloster in Sarrance. Der Jakobsweg wechselt hier von der rechten Seite des Flusses auf die Linke. Das Tal wird jetzt von der Eisenbahn, die vollkommen überflüssig ist, der Nationalstraße und dem Fluss ausgefüllt. Vor der Benutzung der Kurvenreichen, engen Passstraße, wird vor allen wegen der vielen LKW's gewarnt. Na ja drei Kilometer auf dem Jakobsweg kann nicht so schwer sein. Lief ja bisher gut. Jetzt muss man sich vorstellen, das der "Trampelpfad" sich an einem Berghang in luftiger Höhe erstreckt. Maximal so breit ist wie mein Wagen, aber oftmals schmaler.
Auf kleinen Nebenstraßen ging es bis nach Lurbe-Saint-Christau. Dort wollte ich es nochmal wissen. Der Weg war auch wirklich schön. Das Tal wurde enger und die Berge höher. Es war aber nicht zu erkennen in welche Richtung der Pass liegt. Letztendlich folgt man immer dem Fluss. Auch ein überschwemmter Holzweg könnte mich nicht stoppen.
Links geht es etwa 30, 40 Meter den Berg runter, oder direkt in die rauschen Fluten der Gave. Überall liegen herabgestützte Felsbrocken und Steine herum. Ein umgestürzter Baum versperrte den Weg. Ich drüber, der Wagen drunter durch. Wenn sich jetzt der Baum in Bewegung setzt, wars das. Irre!!!!!!!!! Eigentlich wünschte ich mir die LKWs herbei. Dann musste ich mich durch eine Stacheldrahtabsperrung schlängeln. Als würden hier irgendwo Tiere weiden können. Machte mir natürlich meine Wagenplane kaputt. Als ich dann an ein Gatter ankam athmete ich erleichtert auf. Ich hatte zwar Schwierigkeiten es zu öffnen, aber mir kam der Zufall in Form von Forstmitarbeitern zu Hilfe. Sie waren wegen des Baumes unterwegs.
Ich beschrieb ihnen so gut es geht, wo sie ihn finden würden. Hier hätte ich zur Straße runtergehen können, aber fragt mich bitte nicht was mich dazu trieb weiterzugehen. Wahrscheinlich die Fantasie das es noch schlimmer werden könnte, noch viel schlimmer. Der Pfad wurde enger, die Wände steiler, manchmal fehlte ein Stück vom Weg. Felsen mussten überquert werden, Gesteinsbrocken ausgewichen werden. Ich hatte den Wagen schon längst von mir gelöst. Allzu oft stürzte er um, drohte den Abhang hinab zu stürzen, wenn ich ihn nicht zwanghaft festgehalten hätte.
Dann erschien ein anderer Pilger auf der Bildfläche. Es war Falk aus Chemnitz. Er begleitete mich eine Weile und bot an meinen Rucksack zu tragen, damit ich den Wagen tragen konnte. Ich konnte oder wollte das nicht. Falk versprach zurück zukommen, wenn ich nicht im Kloster eintreffen würde. Ich kämpfte mich weiter, manchmal wusste ich nicht wie, aber es ging weiter. Dann kam Oliver. Mit ihm hatte ich nicht gerechnet. Er wich nicht von meiner Seite, war mir eine geistige Stütze die mich nochmal Kraft und Mut schöpfen ließ. Die würde ich auch noch brauchen.
Der Weg zog sich endlos hin, meine Kräfte drohten mich zu verlassen. Oliver hat meine Stöcke genommen, und ich zog den Wagen seitlich am Abgrund entlang. Mehr als einmal, trat ich beim rückwärtsgehen ins Lehre, da der Pfad weggespült war. Aber irgendwie konnte ich mich immer wieder retten. Der Pfad verlor langsam an Höhe. Am Wasser musste jemand lagern. Es erklang Reggae Musik. War es die Ablenkung, die Musik nervte mich, war es die Erschöpfung, ich weiß es nicht.
Ein Schrei, und der Wagen stützte sich überschlagend in die Tiefe, bevor ich es realisieren konnte, ich hinterher. Nach 5 bis 6 Metern blieben der Wagen und ich liegen. Wäre das früher passiert wäre es um mich geschehen gewesen. Der Schrecken war aber im ersten Moment schnell überwunden. Ich suchte aus meinem Rucksack das Seil heraus, band es am Wagen fest und warf das andere Ende Oliver zu. Während ich schob, zog er den Wagen hoch. Mühsam halt suchend, folgte ich nach. Ich wollte gar nicht lange darüber nachdenken und wir zogen weiter..
Bald hatten wir wieder sicheren Boden unter den Füßen und erreichten Sarrance. Ich hatte 2 1/2 Stunden für nicht ganz 3 Kilometer gebraucht. Mir kam es wie eine halbe Ewigkeit vor. Meine dürren Worte beschreiben nur unzureichend, was ich da erlebt habe. Jetzt noch nach einem Tag, bin ich aufgewühlt, auch wenn man es mir nicht ansieht.
In Sarrance angekommen, lud ich Oliver erst einmal zu einem Bier ein. Das hatten wir uns verdient. Dann suchten wir das Kloster auf. Die übliche Routine anmelden, die Schuhe und den Rucksack versorgen, das Nötigste in einem Korb mit auf das Zimmer nehmen. Die Deutsche und Falk waren auch da. Sie hatten sich erhebliche Sorgen gemacht.
Wir berichteten das Geschehene. Selten hatte ich eine Dusche wie hier nötig. Den Angstschweiß beseitigen. Es würde bis zum Abendessen noch etwas dauern, also aß ich meine Wurst auf.
Die Betreuung der Pilger war einem älterem Mann übertragen wurden. An dem Abend war mir nicht sehr nach schreiben zu Mute. Das Abendessen war einfach, aber lecker. Den Rest des Abends verbrachte ich mit planen. Ich griff eine Idee von Falk auf, ich würde Morgen mit dem Bus von Sarrance aus nach Spanien fahren und den Wagen dort hinbringen, in eine Herberge und dann in mein Nächstes Quartier nach Urdos zurück fahren.
Neben den bereits genannten Personen war ein weiter Franzose da und zwei Spanier. Die Spanier, eigentlich Katalanen, waren auf den Weg von Frankreich nach Punta La Reina. Der Franzose kam aus dem spanischen Cadiz und war auf den Weg nach Hause. Er hatte auch einen Wagen dabei, der war aber ausgereifter als meiner. Er war aber auch nicht so verrückt wie ich. Von den Mönchen bekamen wir nicht viel zu sehen, auch wenn uns einige von Ihnen begrüßten.
Der Weg in die Berge hoch würde nicht unbedingt leichter werden. Zwar kann man drei Kilometer hinter Urdos die Passstraße "relativ" ungefährdet benutzen, weil die eigentliche Straße in einem Tunnel bis nach Spanien verschwindet. Aber ich wollte einfach selber den Passübergang erleben, ohne behindert zu werden.
Ist das mein Ziel?????
Wow!!!!!!!!!
Das Wasser war auch nicht das Problem, das sich wie ein kleiner Bach den Weg nach unten bahnte, sondern die kopfgroßen Steine. Auch der große Bach der unmittelbar folgte konnte mich nicht schrecken. Ich ging einfach über die überspülten Steine hinweg und zog den Wagen hinterher. Die Schuhe blieben innen trocken.
Recht gemütlich
Bachüberquerrung
Der Einstieg